Unsere Idee – Landwende im Anthropoz?n
Unsere Idee – Landwende im Anthropoz?n an der Fakult?t Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesrepublik für globale Umweltver?nderung (WBGU) hat in seinem 2020 ver?ffentlichten Hauptgutachten ?Landwende im Anthropoz?n“ sehr deutlich herausgearbeitet, dass wir es aktuell mit drei wesentlichen Krisen zu tun haben, die das Leben auf unserem Planeten grunds?tzlich ?ndern werden: Die Klimakrise, die Ern?hrungskrise und die Biodiversit?tskrise. Diese drei gro?en Krisen h?ngen unmittelbar mit der gegenw?rtigen Landnutzung zusammen (WBGU S. 17). Die Landnutzung ist ein Beispiel für den menschlichen Umgang mit unserer Biosph?re, die bereits zu gro?en Teilen fundamental ver?ndert wurde (ebd).
Im Landwende-Gutachten sind unterschiedliche Mehrgewinn- und Governance Strategien herausgearbeitet, mit denen den oben beschriebenen Krisen begegnet werden kann (Gutachten-Video, Quelle: WBGU).
An der Fakult?t AuL sowie an der Fakult?t IuI gibt es unterschiedliche Kompetenzen und Forschungsfelder, die ein Teil dieser Strategien sein k?nnen und zukünftig einen wesentlichen Beitrag zur Bew?ltigung der Herausforderungen der drei Krisen liefern werden. In einer Vorarbeit wurden die Forschungsfelder der Fakult?t AuL geclustert und die folgenden vier Schwerpunktthemen konnten identifiziert werden:
- Innovative Agrarsysteme und -technologien
- Zukunftsf?hige ?konomie und ?gesellschaftliche Strukturen
- Nachhaltige Lebensmittel und Ern?hrung
- Nachhaltige Stadt- und? Landschaftsentwicklung
Das fiktive Themenbeispiel in der nachfolgenden Grafik verdeutlicht im Spannungsfeld der vier Schwerpunktthemen ein Verbundvorhaben diverser Professuren, in dem sich verschiedene Promotionsthemen verorten lassen:
Was kann unter der innovativen Idee ?Neuartige Nahrungsmittel auf Basis kommunaler Stoffkreisl?ufe an der Stadtkante produzieren und über Wohnungsgenossenschaften vermarkten“ verstanden werden?
Das Verbundvorhaben k?nnte sich mit Stoffkreisl?ufen besch?ftigen, die sowohl mit Agrarsystemen, Gesellschaft, Nahrungsmitteln als auch mit der Stadt bzw. Stadtplanung zusammenh?ngen. Hier sind vier Stimmen von Professor*innen aus der Talentakademie, die erl?utern, wie das oben genannte fiktive Beispiel im Spannungsfeld der vier Schwerpunktthemen verstanden werden kann:
?Ich m?chte an dieser Stelle unter dem oben genannten Titel die Gemeinschaftsverpflegung in dem Raum und damit die Gro?küche als Gestaltungsraum in den Fokus stellen. Wohnungsbaugesellschaften bilden oft schon eigene Quartiere, so besteht die M?glichkeit z.B. Kiez-Küchen einzurichten, d.h. für diejenigen, die im Quartier wohnen, bedarfsgerechte Nahrungsangebote bereitstellen. So k?nnte sich im Quartier eine Küche mit einem Mittagstisch-Angebot befinden. Dieser Mittagstisch ist klimagerecht, lecker und in der Kostenkalkulation werden die ?kologisch wahren Preise berücksichtigt. Dieses kann u.a. erm?glicht werden, da die Speisenzubereitung mit den urbanen angebauten Nahrungsmitteln, die durch Direktvermarktung verkauft werden, erfolgt. Das Angebot k?nnte dabei viele Zielgruppen erreichen: Mittagessen für die Kita, die um die Ecke liegt, Seniorenessen, Essen für Menschen, die in der N?he wohnen bzw. arbeiten oder evtl. sogar ein Abendangebot.“
?Unter dem Titel kann ich mir zwei Aspekte vorstellen. Zum einen nichtheimische pflanzliche Kulturarten identifizieren und aus ihnen Wertstoffe, wie z.B. Proteine generieren. Diese Ausgangssubstanzen k?nnten zur Erzeugung neuartiger Lebensmittel genutzt werden. Zum anderen geht es um die bessere Nutzung der Ressourcen im urbanen Raum in Verbindung mit neuartigen Agrarsystemen. Um neuartige Agrarsysteme zu Etablierung, müssen diese resilient und nachhaltig gestaltet werden. Daher ist zu überlegen, wie diese hochkomplexen und energiebedürftigen Systeme mit Stoff- und Energiekreisl?ufen im urbanen Raum verbunden werden k?nnen.“
"Die effizientere Nutzung von Ressourcen ist nicht nur ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Nachhaltigkeitstransformation von Regionen, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf den globalen Ressourcenverbrauch. Ein tieferes Verstehen davon, welche Nutzungsalternativen welche Effizienzsteigerungspotentiale bieten ist daher unerl?sslich. Hierbei stellt die Optimierung regionaler Stoffkreisl?ufe einen bislang wenig untersuchten Forschungsbereich dar; v.a. der Mehrwert, der durch eine innovative Verwertung von Nebenstr?men ebenso wie durch eine bessere regionale, intra- und intersektorale sowie organisatorische Verzahnung von Stoffstr?men entstehen kann, wurde bislang nicht ausreichend ermittelt. Ebenso ist meiner Meinung nach quantitativ bislang nicht umf?nglich erfasst, wie sehr durch das Zusammenbringen verschiedener beteiligter Wirtschaftsakteure einerseits und durch eine gesteigerte Partizipation der regionalen Gesellschaftsmitglieder an einer verbesserten Ressourcennutzung andererseits, im Ergebnis sowohl die ?kobilanzen verbessert, die wirtschaftliche Entwicklung gef?rdert und auch der gesellschaftliche Zusammenhalt gesteigert werden k?nnte."
"Die Produktion von Nahrungsmitteln kann ein interessanter Baustein für die nutzungsgemischte Stadt sein. Dabei stellt sich die Frage, ob die Vermarktung im Quartier auch einen Beitrag leisten kann, um Wege zu vermeiden und zu einer Attraktivit?tssteigerung des Quartiers beizutragen. Innerst?dtische Fl?chen unterliegen jedoch auch heute schon einen starken Nutzungsdruck. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, welche Ansprüche an einen solchen Produktionsstandort gestellt und welche Fl?chen ben?tigt werden, zentral. Dabei sollte auch geprüft werden, wie sich die Produktion von Nahrungsmittel im Sinne einer multifunktionalen Fl?chennutzung mit anderen Nutzungen kombinieren l?sst, und ob sie auch einen Beitrag zur Blau-Grünen Infrastruktur in urbanen Quartieren leisten kann."
Ein Promotionsthema sollte in diesem Spannungsfeld so positioniert werden, dass es sich in einem gr??eren Zusammenhang einordnen l?sst, um dem Wandlungsprozess dienlich zu sein. Wir suchen Personen, die innovative Ideen in einem Promotionsvorhaben entwickeln und verfolgen wollen, die die oben genannten Schwerpunktthemen der Fakult?t AuL aufgreifen und in deren Forschungsvorhaben eine thematische Vernetzung dieser erkennbar ist, unter Berücksichtigung und auf Grundlage der Mehrgewinn- und Governance Strategien aus dem "Landwende im Anthropoz?n-Gutachten".
Das zweite fiktive Beispiel ?Agroforst - biodiversit?tsf?rdernder Anbau von Geh?lzen zur Koproduktion von Nahrungsmitteln und Erholungsr?umen in einem Netzwerk von Agrarwirtschaft und st?dtischer Bev?lkerung“ verdeutlicht, wie die vier Themenschwerpunkte unter dem Thema Agroforst miteinander vernetzt werden k?nnen:
Hier finden Sie Stimmen von Professor*innen aus der Talentakademie, die aus Sicht der vier Schwerpunktthemen das zweite fiktive Beispiel in einem transdisziplin?ren Kontext stellen:
"Die Agroforstwirtschaft bietet vielf?ltige ?kologische, ?konomische und sozio?konomische Potentiale: die Vielfalt dieser Potentiale offenzulegen, deren Nachhaltigkeitstransformationsbeitrag einzuordnen und deren jeweilige Nutzen und Kosten Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gleicherma?en aufzuzeigen, stellen für mich vielversprechende zukünftige Forschungsinhalte dar. Dabei ist v.a. der gesellschaftliche Nutzen von Agroforst bislang noch unzul?nglich erfasst: hierfür gibt es verschiedene methodische Ans?tze, die vielfach auf einer Momentabfrage aufbauen. Innovativ w?re es, diese in eine dynamische Perspektive zu überführen und beispielsweise zu untersuchen, inwiefern durch das Zusammenbringen von Gesellschaft und Agroforstproduzenten/Agroforstfl?chen nicht nur das gesellschaftliche Verst?ndnis von Produktionsprozessen erh?ht und Informationsdefizite abgebaut werden k?nnen, sondern in welchem Ausma? simultan über Umwelt-, Gesundheits-, Freizeit- und Erholungsleistungen die regionale Lebensqualit?t über die Zeit gesteigert und mithin ein wesentlicher Beitrag zur nachhaltigen Regionalentwicklung geleistet werden kann; Projekte wie ?Der Weg des Hackschnitzels – ein nachhaltiger (Rad-)Wanderweg“ stehen hierbei exemplarisch für die verschiedensten M?glichkeiten des Ineinandergreifens von Agroforstwirtschaft und Gesellschaft."
?Agroforstsysteme – ob silvoarabel (Geh?lze kombiniert mit Acker- Gemüsebau) oder silvopastoral (Geh?lze kombiniert mit Weidehaltung) - k?nnen ein wichtiger Baustein von Klimaschutz-Strategien in der Nahrungsmittelproduktion sein. Als Geh?lze kommen Werth?lzer, Obst- und Nussb?ume, schnellwachsende Geh?lze zur Hackschnitzelproduktion oder Futterlaubgeh?lze in Frage, so dass eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme jeweils angepasst an Nutzungsanforderungen und Standortbedingungen entwickelt werden k?nnen. Aus bodenkundlicher Sicht sind Agroforstsysteme ein wichtiges Element im Schutz vor erosiven Bodenabtr?gen durch Wind- und Wasser. Gleichzeitig stellen sie sowohl eine Klimaschutz- wie auch Klimaanpassungsma?nahme dar. Durch den Eintrag von Laubstreu und durch ein tiefreichendes Wurzelsystem wird Kohlenstoff im Boden gespeichert und so der Atmosph?re entzogen. Gleichzeitig wird durch ein ver?ndertes Mikroklima und durch Humusaufbau der Wasserhaushalt von B?den positiv beeinflusst. So kann Agroforst so auch zu einer nachhaltigen Sicherung der Nahrungsmittelversorgung beitragen.“
"Agroforstsysteme stellen aus Sicht der r?umlichen Planung eine innovative Landnutzungsform dar, die sowohl für Klimaschutz, Biodiversit?t und Ern?hrungssicherheit als auch für Landschaftsgestaltung (Landschaftsbild) und Netzwerkbildung von Akteuren hohe Potenziale aufweist. Aus planerischer Sicht ist die Multifunktionalit?t der Agroforstsysteme ein bedeutsamer Ansatz, um bestehende Nutzungsstrukturen im Raum ?aufzubrechen“ und neue r?umliche Muster entwickeln zu k?nnen. Dabei werden sich bislang überwiegend monofunktional angelegte Raumkategorien wie Landwirtschaft, Erholung oder Naturschutz aufl?sen und zu neuen Kooperationen führen. Dies zu gestalten erfordert neues Wissen und vernetzende Kompetenzen, die in Reallaboren entwickelt und erforscht werden sollten."
?Die handwerkliche Lebensmittelproduktion ist meist eng mit der regionalen Produktion der ben?tigten Rohstoffe verbunden und bietet daher auch eine vielversprechende M?glichkeit, den biodiversit?tsf?rdernden Anbau direkt positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus bieten handwerkliche Lebensmittelbetriebe oft die M?glichkeit, die Wertsch?tzung für Lebensmittel innerhalb der Bev?lkerung zu erh?hen, indem sie zum Beispiel in offenen Betrieben zeigen, wie Lebensmittel produziert werden und welche Faktoren für eine nachhaltige Erzeugung notwendig sind. Hier kann eine direkte Partizipation im Herstellungsprozess mit verschiedenen Akteur*innen stattfinden, zum Beispiel unter dem Leitbild: Erlebe, wie Dein Essen hergestellt wird.“