Wie wird pflegerische Versorgung professionell und famili?r sichergestellt?
Jubil?ums-Veranstaltungsreihe: Future on Stage
Future on Stage am Campus Westerberg
Wie wird die Gesellschaft zukünftig leben, arbeiten, sich fortbewegen, alt werden und sich ern?hren? Diese gesellschaftlichen Fragen gilt es mitzugestalten. Dafür diskutieren Wissenschaftler*innen an allen Standorten der 新老虎机平台,最新老虎机 mit Studierenden, Promovierenden und Expert*innen aus der Praxis in der Veranstaltungsreihe ?Future on Stage“.
Laut Pflegereport 2021 gab es im Jahr 2019 4,1 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland, von denen circa 80 Prozent zuhause gepflegt wurden. Was es eigentlich hei?t, wenn sich die meisten Menschen wünschen, m?glichst lange und selbstbestimmt in den eigenen vier W?nden leben zu k?nnen, und was wir brauchen, um dies auch zu erm?glichen, darum geht es in der dritten Future on Stage-Diskussion. Auf dem Podium sitzen: Prof. Dr. Andreas Büscher, Professor für Pflegewissenschaft an der 新老虎机平台,最新老虎机 Osnabrück, Prof. Dr. Stefanie Seeling, Professorin für Pflegewissenschaft am Campus Lingen, Tim Meiners, Student Pflege dual am Campus Lingen, Dr. Gisela L?hberg, Leiterin der Selbsthilfegruppe pflegende Angeh?rige Osnabrück, Prof. Dr. Iren Bischofberger von der Kalaidos Fachhochschule Zürich und Bernhard Sackarendt, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) in Niedersachsen.. Moderiert wird die Veranstaltung von Rena Lehmann, politische Korrespondentin der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Gleich zu Beginn der Diskussion erl?utert Prof. Dr. Iren Bischofberger von der Kalaidos Fachhochschule Zürich, dass nicht nur der Pflegebedarf im Allgemeinen steigt, sondern, dass dieser sich auch zunehmend ver?ndere: ?Die Menschen werden zwar immer ?lter und damit steigt der Pflegebedarf, aber die Menschen sind gleichzeitig immer h?ufiger bis ins hohe Alter fit und unabh?ngig. Und genau hier muss Pflege ansetzten: an dem Punkt, wo die Menschen eigentlich noch unabh?ngig sind von k?rperlicher Pflege, aber das Thema Selbstmanagement mehr gef?rdert werden muss.“ Hier spiele besonders die h?usliche Pflege eine zentrale Rolle. Prof. Dr. Andreas Büscher, Professor für Pflegewissenschaft an der 新老虎机平台,最新老虎机 Osnabrück, stellt zudem die besondere Bedeutung von h?uslicher Pflege heraus: ?Die h?usliche Pflege leistet gigantisch viel und ist dafür kaum im Fokus. Die Belastungssituation für pflegende Angeh?rige ist vielf?ltig und wir ignorieren das und hoffen stattdessen einfach, dass das immer so weiter funktioniert.“ Was h?usliche Pflege konkret bedeutet und wie gro? die Belastung für pflegende Angeh?rige sein kann, erz?hlt Dr. Gisela L?hberg, die selbst zehn Jahre Pflegeerfahrung hat: ?Angeh?rige zu pflegen bedeutet 24/7, 365 Tage im Jahr pflegender Angeh?riger zu sein. Pflege zuhause bedeutet, dass sich das Leben von jetzt auf gleich total ver?ndert. Die Wohnung muss angepasst werden, es sind die ganze Zeit fremde Menschen im Haus, deren Unterstützung notwendig ist, die Pflege und der Beruf müssen unter einen Hut gebracht werden, Schlafmangel, soziale Isolation, finanzielle Einbu?en und sehr belastende Auseinandersetzungen mit der Pflegeversicherung. Deswegen ist Pflege zuhause nur machbar, wenn ein gutes Netzwerk da ist: ein guter Pflegedienst, eventuell eine gute Tagespflege, private Pflegekr?fte, ein Hausarzt oder Haus?rztin, die Hausbesuche macht, gute Therapieangebote und gute Beratung.“
Belastung für Pflegende Angeh?rige vermindern: Arbeitgeber in der Pflicht
Besonders in Punkto Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, stünden pflegende Angeh?rige immer zwischen den Stühlen, so Bischofberger. ?Es ist ganz wichtig, dass mit dem Arbeitgeber offen über die Situation gesprochen wird. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber Pflege bedeutet dennoch sehr h?ufig, dass man die Arbeitszeiten einschr?nken muss, was nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf die finanzielle Situation hat, sondern auch langfristige auf die Altersvorsorge“, sagt L?hberg. Pflegende Angeh?rige müssten meistens mit massiven finanziellen Einbu?en rechnen, best?tigt auch Bernhard Sackarendt, vom SoVD Niedersachsen. Prof. Dr. Andreas Büscher sieht daher hier auch den Arbeitgeber in der Pflicht: ?Personalverantwortliche müssen die Gesetzeslage kennen und Betroffene entsprechend beraten k?nnen und Unterstützung bieten.“
Neben der h?uslichen Pflege wird auch die Situation in der professionellen Pflege thematisiert. ?Viele ?ltere Menschen sind nicht nur k?rperlich, sondern auch psychisch erkrankt. Wir sprechen hier beispielsweise von Angstst?rungen, Depressionen oder h?ufig auch Demenz. Und diese Kombination von mehreren chronischen Erkrankungen führt zu einem erh?hten Pflegebedarf und zu erh?hten Anforderungen an die Kompetenzen von pflegenden Menschen, weil es sich hier natürlich um andere Pflege als beispielsweise reine K?rperpflege handelt. Aber diese Ver?nderungen im Pflegebedarf werden vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt. Wir haben klare gesetzliche Vorgaben, wie viel Zeit eine Fachkraft beispielsweise für die Medikamentengabe hat. Aber hier wird die Zeit für die Interaktion mit den Menschen einfach nicht berücksichtigt. Wir haben sehr lange nach einem rein naturwissenschaftlichen Pflegebedürftigkeits-Begriff gearbeitet und erst seit ein paar Jahren werden soziale Interaktionen hier überhaupt erst in den Blick genommen“, erkl?rt Prof. Dr. Stefanie Seeling, Professorin für Pflegewissenschaft am Campus Lingen. Diesen Umstand führt Sackarendt unter anderem auf die ursprüngliche Gestaltung der Pflegeversicherung zurück: ?Wir haben die Pflegeversicherung in der 90er-Jahren angelegt, mit der Ma?gabe, dass der Markt die Dinge schon regeln wird. Aber k?nnen Daseins-Fürsorge und Pflege tats?chlich durch den Markt geregelt werden? Damals wurde Pflege noch als rein k?rperliche Pflege verstanden.“ So langsam scheint sich also etwas zu tun in der Pflege. Dennoch werde die Schere zwischen Bedarf und vorhandenen Pflegekr?ften immer gr??er, obwohl es jedes Jahr mehr Pflegende gebe. ?Für dieses Problem gibt es leider nicht die eine L?sung. Das System wurde jahrzehntelang gegen die Wand gefahren und jetzt müssen wir das in einem sehr mühsamen, kleinteiligen Prozess wieder zurechtruckeln. Deshalb müssen wir endlich damit anfangen, den Pflegeberuf für junge Menschen attraktiv zu machen“, so Büscher. Doch wie schwierig die Situation sogar für gut ausgebildete Fachkr?fte ist, beschreibt Tim Meiners, der am Campus Lingen Pflege dual studiert: ?Ich wollte etwas bewegen, etwas für die Gesellschaft tun und bin hochmotiviert ins Studium gestartet. Jetzt bin ich im siebten Semester, stehe vor der Bachelorarbeit und meine Kommilitonen und ich fragen uns, wo wir sp?ter arbeiten sollen. Es gibt kaum Stellen. Vor allem keine gut bezahlten Stellen. Und hier muss die Politik handeln, damit die Krankenh?user und Pflegedienste auch die Chance haben, uns einzustellen und von unseren Kompetenzen zu profitieren.“
Die spannende Podiumsdiskussion kann in voller L?nge auf dem YouTube-Kanal der 新老虎机平台,最新老虎机 angeschaut werden.